Ein neues Segelflugzeug als Kapitalanlage?

- eine Betrachtung des Verbandes Deutscher Segelflugzeughersteller -

Was auf den ersten Blick Kopfschütteln verursachen mag, ist eine durchaus ernst zu nehmende Frage:
"Taugt ein neues Segelflugzeug womöglich viel eher zu einer wertbeständigen Kapitalanlage, als es herkömmliche Anlagemöglichkeiten bieten?"
 

Dann lassen Sie uns die Frage mal anders stellen:
"Kennen Sie ein anderes bewegliches Wirtschaftsgut, das eine so lange Lebensdauer und einen so hohen Wiederverkaufswert hat wie ein Segelflugzeug?"
Wie sieht es bei einer solchen Fragestellung mit Aktien, Fondanteilen oder vielleicht Wertpapierzertifikaten aus - z. Bsp. solchen von Lehman Brothers? (Ein "smiley" hinter diesem Satz wollen wir uns mal schenken angesichts des Ernstes der Situation!)
Und Gold, das von manchen als Wertanlage gekauft wird, bringt auch keine Zinsen!

Wer sich jedenfalls vor 30 Jahren ein Segelflugzeug oder einen Motorsegler mit Klapptriebwerk gekauft hat, bekommt heute ohne weiteres bei einem Weiterverkauf den damaligen Kaufpreis zurück und konnte so Jahrzehnte lang nur für die Kosten der entgangenen Zinsen und der jährliche Wartung sein Hobby ausüben.  Zwar gibt es Segelflugzeug-Klassen, bei denen diese Aussage im Moment nicht völlig zutrifft (derzeit die Offene-Klasse), aber dafür bekommt man z. Bsp. in der 18m Klasse glatt mehr zurück, als man damals bezahlt hat. Im Durchschnitt stimmt die Aussage also durchaus.
Kriegen Sie Ihren Tennisschläger oder  Ihr Golf-Equipment auch in ähnlicher Weise verkauft? Und was ist mit Trainerstunden oder Hallenmiete? - alles Kosten, die wir als Segelflieger nicht haben! Ja, Segelfliegen ist im Gegensatz zur landläufigen Meinung eben durchaus kein teures Hobby!

Und ein neues Segelflugzeug ist unter diesem Gesichtspunkt aufgrund seiner fast "ewigen" Haltbarkeit in jedem Fall unvergleichlich günstiger zu bewerten als ein neues Auto oder andere Konsumgüter.

Aber "neu" sollte es schon sein!   Warum?

Zwar muss man sich nicht zwingend ein neues Segelflugzeug kaufen und sein altes weggeben, um eine bedeutende Leistungssteigerung zu bekommen (Ausnahme: Wettbewerbspiloten!). Gerade in diesem Punkt sind Neuflugzeuge sehr ausgereizt. Der maßgebliche Vorteil bei Neuflugzeugen liegt heute im Handling und in der Sicherheit. Und das sollten wir mal etwas genauer betrachten:

Im Handling hat sich insbesondere bei Motorseglern mit Klapptriebwerk viel getan. Eine fast vollautomatische Motorbedienung entlastet maßgeblich den Piloten und vermeidet gefährliche Situationen durch Bedienungsfehler.

Zum "Handling" eines Flugzeugs gehört aber auch sein Verhalten bei Steuerfehlern des Piloten. Es ist in vielen Vereinen eine lang bewährte Übung, dass Flugschüler nach ihren ersten Alleinflügen im Doppelsitzer für ihre einsitzigen Erstflüge eine Ka8, Ka6, Libelle o. ä. angeboten bekommen. Im Allgemeinen sind die Flugschüler auch gern damit einverstanden - wenn sie nur fliegen können.....

Unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit ist diese Übung jedoch absolut falsch. Eine moderne ASW28 fliegt einfach sicherer und verzeiht viel eher Anfängerfehler als eben die Ka6. Mit einer LS8, DG-300 oder einem Discus kommt jeder Schüler klar - mit einem älteren Flugzeug kann er sich dagegen bei zu langsamem Fliegen sehr viel schneller im Trudeln wiederfinden als mit einer modernen Konstruktion.

Und diese Argumentation gilt nicht nur für Flugschüler, denn auch "gestandenen Piloten" passieren Fehler, und wer im Gebirge durch Scherwinde zu langsam fliegt, kann mit einem modernen und gutmütig fliegenden Flugzeug "haarige Situationen" eher vermeiden, als wenn er mit einer älteren Konstruktion unterwegs wäre.

Und dann kommt die Situation, die wir niemandem wünschen wollen, dass es nämlich zu einem Crash kommt.

Wenn ein "CFIT" passiert, wie die Großfliegerei den "controlled Flight into Terrain" abkürzt, hilft eine modernes Segelflugzeugcockpit ebenso wenig, wie ein so häufig gerühmtes Cockpit eines Formel 1-Rennwagens helfen würde (davon später!). Aber in sehr vielen anderen Fällen von extrem harten Landungen wurden Piloten schon durch ein modernes Segelflugzeugcockpit gerettet. Das Flugzeug war oft völlig zerstört, aber der Pilot konnte mit nur leichten Verletzungen geborgen werden.

Es gab Anfang der 90er Jahre eine bekannt gewordene Untersuchung des TÜV-Rheinland, in der Martin Sperber Grundsätze aufstellte, wie ein Segelflugzeugcockpit beschaffen sein müsste, um mit vertretbarem Aufwand einen guten Schutz des Piloten zu erreichen. Inzwischen können wir feststellen, dass alle Hersteller sich diese Grundsätze zu eigen gemacht und die Cockpits entsprechend verstärkt haben. Und genau das ist bei den Cockpits der alten Flugzeuge eben nicht der Fall!

Wenn es Ihnen heute passieren würde, dass Sie mit einem der ersten GFK-Flugzeuge eine harte Landung machen oder bei einer Außenlandung gegen einen Felsen rollen, müssten Sie mit dem schlimmsten rechnen! Und genau das wäre dann ein Unfall der Kategorie "vermeidbar" geworden, denn mit einem modernen Flugzeug passiert dem Piloten in solchen Situationen im Allgemeinen fast nichts. Die Aufprallkräfte werden durch speziell entworfene Stringer um den Piloten herum geleitet, während die Cockpits ganz früher gerade mal "blickdicht" waren und die Schubkräfte von Flügel und Rumpfhinterteil das Vorderteil und damit den Piloten zerquetschen würden. Sorry für diese klare Sprache, aber es ist leider so!

Und dann gibt es noch eine neue Klasse von Segelflugzeugen, die in dieser Beziehung außerhalb jeder Bewertung stehen und schlicht und einfach als "inakzeptabel" bezeichnet werden müssen: Die Ultraleicht-Segelflugzeuge!
Natürlich wird diese Aussage Widerspruch erwecken, aber es kann schließlich niemand bestreiten, dass diese Flugzeuge eben "ultraleicht" gebaut werden müssen und damit "papierdünne" Rumpfschalen haben, und die Gewichtsbeschränkungen lassen spezielle Verstärkungen zum Unfallschutz schon überhaupt nicht zu. So schön ein UL-Segelflugzeug sein mag mit seinen niedrigen Flügelgewichten, dem dadurch leichten Aufbau und dem niedrigen Kaufpreis - unter dem Gesichtspunkt der Pilotensicherheit ist diese Klasse ein Unglück (weswegen auch noch kein Deutscher Hersteller von Segelflugzeugen als UL-Hersteller aufgetreten ist, denn dann würde er seine eigenen Sicherheitsgrundsätze verraten).

Eine kleine Abschweifung:
Nachdem nun die modernen Segelflugzeug-Cockpits schon deutlich verbessert wurden, erhebt sich oft die Forderung, hier noch viel mehr zu tun. Als Beispiel wird dann die "Formel 1" zitiert:
"Mit diesen Fahrzeugen kann ein Pilot mit 200km/h vor eine Betonmauer fahren und unverletzt aussteigen!"     

Das stimmt so aber nicht!

Das Monocock eines Rennwagens ist tatsächlich eine gewaltige Carbonfaser-Konstruktion und soll den Piloten bei einem Unfall schützen. Trotz dieses erheblichen Aufwandes verlangt die "Bauvorschrift" für F1-Fahrzeuge - so was gibt es tatsächlich! - aber nur eine Crashsicherheit beim Aufprall auf eine Betonwand bis zu 58km/h. Wie erklärt sich das mit den Fernsehbildern?

Ein maßgeblicher Sicherheitsfaktor im Autorennen ist tatsächlich und vor allem die Rennstrecke. Sie ist so angelegt, dass vor Hindernissen Mengen von Dämpfern liegen (Autoreifen, Strohballen) und dass die Fahrzeuge überhaupt nicht frontal auf Wände aufprallen können sondern sie immer im spitzen Winkel treffen. Dann aber zerlegt sich erstmal das Fahrwerk, die dicken Reifen bremsen und fliegen durch die Gegend, oder der Wagen prallt seitlich ab und schrammt an irgendwelchen Leitplanken herum bis zum Stillstand. Bei diesem Inferno den Piloten unverletzt zu halten, ist zweifellos eine gewaltige Aufgabe, die das Monocock erfüllt. Aber mit 200km/h auf eine Wand? Nein, das würde es auch nicht aushalten!

Was bedeutet das für unsere Segelflugzeuge?

Das bedeutet, dass der Vergleich zur Formel 1 "hinkt". Eine weitere Steigerung der Crashsicherheit durch eine nochmalige Cockpitverstärkung wird nur mit erheblichem finanziellen Aufwand möglich sein, ohne eine fundamentale Sicherheitsverbesserung zu bewirken. Wir wollen eben nicht gleichzeitig rechts und links vor uns große Ballonreifen durch die Lüfte schieben, die uns im Falle eines Crashs schützen. Und wir können auch nicht die Alpen umbauen und für Segelflieger sicherer machen, wie es im Rennzirkus analog passiert.

Was wir mit einer weiteren Forderung nach kostspieligen Umkonstruktionen aber mit Sicherheit erreichen werden, sind höhere Produktionskosten mit entsprechender Auswirkung auf die Verkaufspreise und damit ein Erstarken der UL-Klasse. Das aber wäre unter dem Sicherheitsaspekt genau kontraproduktiv!

Zurück zum Thema:
Die heute am Markt angebotenen Segelflugzeuge - insbesondere die aus deutscher Fertigung - sind Welt-Spitzenprodukte. Sie halten bei sachgerechter Pflege Jahrzehnte und erzielten bei einem Verkauf danach oft mehr, als sie seinerzeit gekostet hatten. Selbst in der derzeitigen Welt-Finanzkrise, in der alle Wertanlagen im Preis verfallen sind, halten sich Segelflugzeuge auf einem vergleichsweise hohen Niveau. In soweit ist eine solche Kaufentscheidung auch immer eine für eine langfristige Kapitalanlage, die man später, wenn man vielleicht nicht mehr fliegen kann, wieder zu Geld machen kann.

Und von welchem Kauf eines "Toy for the Boys" ließe sich das sonst behaupten?

Trauen Sie sich einfach!

Tilo Holighaus
Peter u. Uli Kremer
Friedel Weber
u.a.